Aus der Festschrift zur feierlichen Wiedereröffnung des Seniorenheimes nach der Sanierung am 8. Juli 1994
Der Stiftswein und die Heiliggeist-Stiftsschenke
Von Anfang an gehörten durch die Vermächtnisse des Urban Gundacker und des Wenzl Gerhardt auch Weinberge in Österreich zum Besitz der Stiftung, in dem sie auch all die Jahrhunderte verblieben sind. Schon 1358 werden Lagen genannt, an denen heute noch der Stiftswein reift. Die Weinberge wurden ursprünglich in Eigenregie bewirtschaftet, später aber - nachweislich seit dem 18. Jahrhundert - an verschiedene Hauer verpachtet. Es haben sich noch Pachtverträge, "Wein-Bau-Contract" genannt, erhalten, in denen den Hauern bis in Details die Bearbeitung der stiftseigenen Weingärten vorgeschrieben war. Der nach Passau auf dem Schiffweg verbrachte Wein wurde an genau bestimmten Tagen an die Pfründner zu jeweils einem halben Liter ausgeschenkt, außerdem an kranke Pfründner und beim sogenannten "Zehentmahl", einem gemeinsamen Mahl, an dem einmal im Jahr die Zehent einliefernden Bauern zusammen mit dem Stiftspfleger und dem Stiftsschreiber teilnahmen. Der überwiegende Teil des Stiftsweines aber wurde verkauft, denn die Weinbaustiftung war ja nicht in erster Linie eine Gabe an die Pfründner, sondern diente zur Vermögensanlage für das Spital. Im 16. Jahrhundert schwankte der Ernteertrag jährlich zwischen 67 und 158 Hektoliter Wein, von dem jedoch etwa ein Drittel wieder abging zum "Auffüllen", als Entgelt für den Schiffmeister, der den Wein von Krems nach Passau brachte und als "Draufschank". 1553 wurden insgesamt 6.227 Viertel besserer Wein und 1.196 Viertel minderer Wein verkauft zu einem Preis von (umgerechnet) 1 1/2 Goldmarkpfennig je Viertel18. Der Ausschank erfolgte durch einen Stiftsknecht direkt in einem Stüberl im Heiliggeist-Spital. Nach dem Bau des Allgemeinen Krankenhauses war diese Stiftsschenke im Erdgeschoß des neuen Gebäudes. Ein Inventarverzeichnis um 185019 nennt u.a. "im Schenkzimmer": 2 lange Tische von weichem Holz, gelb angestrichen, 5 Tische, 24 Stühle, 7 Wandbänke samt Rücklehnen, 7 Hängestellen, 2 Hängelampen, 3 Fenstervorhänge mit Eisenstangen, 1 Schankkasten mit Aufsatz, 2 Öfen von Gußeisen ... In der "Kellerschenke": 7 Faßwinde, 2 hölzerne Schwankschäffl, 92 Untersatzl von Eichenholz . . . Nach diesem Inventar gab es im Hause auch drei Weinkeller.
Als die Barmherzigen Schwestern 1856 die Leitung des Krankenhauses übernahmen, war ihr erstes Bemühen, für die fröhlichen Zecher eine passendere Bleibe zu suchen. Schon 1857 konnte die Stiftung von der Armenanstalt jene Räumlichkeiten im Erdgeschoß des ehemaligen Franziskanerklosters pachten, die auch heute noch die Heiliggeist-Stiftsschenke beherbergen. Im Zuge der Umbaumaßnahmen 1909 wurde auch die Stiftsschenke renoviert und erweitert. Zum eigentlichen Umbau im historisierenden Stil kam es jedoch erst 1927 unter der Federführung des rechtskundigen Stadtrats Josef Listl und dem Stiftungsverwalter Ludwig Mielach. Die große Gaststube wurde in drei Räume unterteilt und diese erhielten Wandvertäfelungen und Möbel in altdeutschem Stil, die von der Passauer Möbelfabrik Anton Obermayer (Innstraße 41) stammen. Besonders das nördliche der drei Zimmer wurde mit reichen Schnitzereien versehen, die an die Geschichte der Heiliggeist-Stiftung erinnern wollen. Über dem Eingang wird eine Bischofsbüste (deshalb der Name "Bischofszimmer") von den drei Wappen des Fürstbischofs Gottfried von Weisseneck und der beiden Stifter Urban Gundacker und Wenzl Gerhardt umrahmt. An den Wandvertäfelungen sieht man die Wappen der österreichischen Städte Krems, Stein und Spitz, sowie Wappen und Namen der wichtigsten Stiftspfleger aus dem 14. bis 16. Jahrhundert. Leider ist der Schnitzer in der sonst detailliert aufgeführten Rechnung der Möbelfirma nicht namentlich genannt. Ein großer geschnitzter Luster von Jakob Christi und ein mit Figuren und Ornamenten reich verzierter Kachelofen der Fa. Theodor Jahns in München, sowie Buntfenster des Passauer Glasmalers Franz X. Kurländer sind weitere Zierden des Raumes. Der Vorschlag des für Passau verdienten Historikers Wolfgang Maria Schmid, die Räume der Heiliggeist-Stiftsschenke, ähnlich wie die des Ratskellers bunt zu bemalen und auch die Eingangstüre als schmuckes Portal umzugestalten, kam nicht zur Ausführung20.
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Seniorenheim der Bürgerlichen Heiliggeist-Stiftung Passau. Festschrift zur feierlichen Wiedereröffnung des Seniorenheimes nach der Sanierung am 08. Juli 1994. Bildnachweis: Stadt Passau, Abb. 1,; Herausgeber: Stadt Passau, Redaktion: Büro für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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